Vom Referendar zum Großkanzleianwalt – ein Erfahrungsbericht
Ich kann mich noch gut an die Zeit zurückerinnern, als ich selbst im Referendariat mit den Unannehmlichkeiten dieser Zeit, die alle Referendare und Referendarinnen wohl bestens kennen, kämpfen musste. Diese Zeit hat zum Glück mittlerweile bereits seit Längerem ihr Ende gefunden und ich darf nun täglich eine herausfordernde und abwechslungsreiche Tätigkeit ausüben. Doch eins nach dem anderen:
Der berühmte Leidensweg
Nach einer tollen Zeit am Lehrstuhl, durfte – nein besser – musste auch ich das „Pflichtprogramm“ absolvieren und plante daher fleißig meine Stationen im Referendariat (Bundesland: Hamburg). Neben einer überragenden Station am dortigen Landesarbeitsgericht war jedoch anfangs auch viel Ernüchterung dabei. Nur selten stand die Ausbildung in den Stationen im Vordergrund. Von den üblichen organisatorischen und strukturellen Problemen des Referendariats und der staatlichen Ausbildung können wohl alle Leser*innen ebenfalls (bald) ein Lied singen.
Vor den Klausuren habe ich für mich beschlossen, als Berufseinsteiger im Arbeitsrecht – möglichst in einer
Großkanzlei – zu praktizieren und mich nach gründlicher Sondierung des Marktes schließlich dazu entschieden, meine letzte Wahlstation bei DLA Piper im Hamburger Arbeitsrechtsteam als Testballon zu absolvieren. Wer es geschafft hat, bis hierher zu lesen, wird bereits ahnen, dass die Station ein voller Erfolg war und im Berufseinstieg mündete. Doch wieso habe ich mich damals ausgerechnet für DLA entschieden?
Die Auswahl des zukünftigen Arbeitgebers
Im Hinblick auf eine Tätigkeit als Großkanzleianwalt im Arbeitsrecht empfehle ich dringend, sich vorab mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die inhaltliche Tätigkeit aussehen soll. Möchte man eher vordergründig bei spannenden internationalen Transaktionen bei der Arbeitsrechtsberatung mithelfen (klassisches Transaktionsarbeitsrecht), möchte man eher wissenschaftlich vertieft arbeiten – also vornehmlich Aufsätze, Kommentaraktualisierungen, Memos sowie Gutachten entwerfen – oder möchte man gerne auch im Kernarbeitsrecht tätig sein und möglichst abwechslungsreich arbeiten – möglicherweise sogar mit Gerichtspräsenz ab dem ersten Tag?
Die Ausrichtung und inhaltliche Mandatsarbeit unterscheidet sich bei den Kanzleien erheblich. Hat man einmal für sich herausgefunden, was man inhaltlich favorisiert, sollte man sich bei Kanzleien, die man für geeignet hält, sodann die Teamzusammensetzung näher anschauen. Im Hinblick auf die Teamgröße, die Teamzusammensetzung und die Teamstrukturen können unterschiedliche Konstellationen – je nach persönlicher Präferenz – unterschiedlich reizvoll sein. Je nach Konstellation und Präferenz können relativ flache Hierarchien genauso vorteilhaft sein wie eine klassische Pyramidenstruktur. Die Zuteilung zu einem oder mehreren Partner/innen kann Vor- und Nachteile haben. Ebenso die Frage, ob es noch relativ viele erfahren Anwältinnen/Anwälte unterhalb der Partnerebene gibt oder man möglicherweise sogar ein direktes Tandem mit seiner Partnerin/seinem Partner bilden kann. Der vorurteilsbehaftete Jurist würde hier klassisch sagen: hier verbietet sich jede schematische Betrachtung. Wichtig ist meines Erachtens nur, dass man sich damit vor dem Berufseinstieg einmal auseinandersetzt und – wenn man nicht die Chance hat, das im Idealfall im Referendariat oder als WiMi live zu testen – im Bewerbungsverfahren situationsspezifische (ggf. auch kritische) Fragen stellt, sodass keine Erwartungen enttäuscht werden.
Das Zwischenfazit
Nach einiger Zeit als Anwalt und einer hohen zweistelligen Anzahl von Gerichtsverfahren im ersten Berufsjahr kann ich verraten, was für mich nach wie vor wichtige Aspekte einer erfüllenden Arbeit sind. Bei DLA wurde mir seit dem ersten Tag die nötige Flexibilität geboten, die ich als extrem gewinnbringend und keinesfalls marktüblich empfinde. Ich konnte problemlos in Teilzeit beginnen und auch nach dem Lockdown während der Corona-Pandemie ist die Tätigkeit im Homeoffice kein Problem. Inhaltlich ist die Arbeit abwechslungsreich, spannend, international ausgerichtet und frühzeitig relativ selbstständig. Verantwortung, Mandantenkontakt und die selbstständige Wahrnehmung von Gerichtsterminen sind jedenfalls keine Tätigkeiten, auf die man hätte monatelang oder gar jahrelang warten müssen. Insofern wurden alle Versprechen erfüllt und sämtliche Erwartungen sogar übertroffen.
Ich kann nur allen Leser*innen anbieten, auch außerhalb eines offiziellen Bewerbungsverfahrens den direkten Kontakt zu suchen und mir jederzeit offen und direkt Fragen zur Kanzlei, zur Tätigkeit, zum Referendariat usw. zu stellen. Ich wünsche jedenfalls allen ein glückliches Händchen bei der Suche nach dem Traumberuf und gegebenenfalls für anstehende Examina alles erdenklich Gute und das notwenige Glück.
Verfasst von Dr. Samir Buhl LL.M., Associate im Rechtsgebiet Employment am Standort Hamburg